Steno schreiben war einst eine Fähigkeit, die nicht nur Sekretärinnen beherrschen mussten, sondern die vielerorts sogar in der Schule gelehrt wurde. Das ist seit zwei, drei Jahrzehnten nicht mehr so: Immer weniger Menschen lernen Stenografie und kennen die Regeln der Kurzschrift.
Dabei kann es sich auch in Zeiten der Digitalisierung als nützlich erweisen, sich schnell Notizen machen zu können und dafür eine systematische Schrift zu beherrschen.
Wer zum Beispiel einem Vortrag lauscht, kann mithilfe von Stenokürzeln die wichtigsten Punkte schnell mitschreiben. Studenten, die Steno oder das 10-Finger-System beherrschen, sind an der Universität erfolgreicher. Und nach wie vor gibt es zahlreiche Berufe, bei denen schnelles Schreiben und Protokollieren eine Grundeigenschaft ist.
In diesem Blogbeitrag beantworten wir die 10 häufigsten Fragen rund um die Stenografie, geben Tipps, wie man Steno schreiben lernen kann, und nennen die wichtigsten Kürzel der Steno-Schrift. Auch erklären wir, wo man Steno lernen kann und welche Alternativen es gibt, wenn man sich ganz schnell Informationen notieren muss.
Was ist Stenografie?
Stenografie bedeutet so viel wie Kurzschrift oder – noch genauer – Engschrift. Der Begriff setzt sich nämlich aus den griechischen Worten für „eng“ und „schreiben“ zusammen. Es handelt sich um eine Schnellschrift, die dabei hilft, gesprochene Sprache möglichst in Echtzeit mitzuschreiben. Dafür werden spezielle Techniken, Schriftsystematiken und Stenokürzel eingesetzt, die der Schreiber lernen muss.
DIE eine Stenografie gibt es dabei nicht, sondern vielmehr mehrere verschiedene Schreibsysteme. Grob gesagt handelt es sich um eine Mischung aus Buchstabenschriften und Silbenschriften. In verschiedenen Sprachen gibt es verschiedene Stenoschriften – und diese haben sich jeweils auch im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt und verändert.
Wie lange schreibt man schon Steno?
Tatsächlich hat es Kurzschriften schon vor mehr als 2000 Jahren gegeben. Der römische Sklave Marcus Tullius Tiro, einer von Ciceros Vertrauten, erfand 63 v. Chr. die altrömische Kurzschrift, in der etwa die Reden des Senats aufgezeichnet wurden.
Geburtsort der modernen Stenografie war dann England, wo mit der Reformation der Wunsch aufkam, die Predigten so genau wie möglich zu erhalten. Ab dem 16. Jahrhundert wurden verschiedene Kurzschriften entwickelt und weiterentwickelt.
In Deutschland fanden ab dem 17. Jahrhundert Kurzschriften mehr und mehr Verbreitung und in den 1920er-Jahren wurde schließlich die sogenannte Deutsche Einheitskurzschrift verabschiedet, auf deren Basis auch jene Stenosysteme beruhen, die noch heute gelehrt werden.
Wozu Steno lernen?
Steno ist in vielen Situationen von Nutzen. Wer im Studium Vorlesungen mitschreiben will oder im Arbeitsleben das Gesagte von Telefonaten notieren muss, bekommt mit der Stenografie ein Mittel an die Hand, systematisch Informationen zu erfassen.
Ein Argument, das häufig genannt wird, um zu begründen, wieso es heutzutage keiner Stenografie mehr bedarf, sind Diktiergeräte und andere technische Hilfsmittel. In einer konkreten Situation können diese tatsächlich hilfreich sein, um Informationen zu speichern – doch bedarf es eines zusätzlichen Arbeitsschrittes, um die Dateien zu einem späteren Zeitpunkt zu transkribieren. Beim Stenografieren entfällt das.
Wie kann man Steno lernen?
Wer Steno schreiben lernen will, hat viele Möglichkeiten. In Bibliotheken finden sich zahllose Einführungswerke für Autodidakten, vor allem an Volkshochschulen oder im Fernstudium lassen sich auch Kurse belegen. Grundsätzlich kann man die Stenoschrift relativ schnell sicher beherrschen lernen: In einem halben Jahr sitzt alles, wenn man es beim Üben nicht zu locker nimmt.
Für Anfänger ist es ratsam, zu speziellem Stenopapier zu greifen. Das Besondere daran sind die Linien, die dabei helfen, die Stenozeichen und Stenokürzel korrekt zu zeichnen. Das ist so ähnlich wie beim Lernen der normalen Schreibschrift in der ersten Klasse.
Beginnen sollte man mit einzelnen Buchstaben, also dem Steno-Alphabet. Die Zeichen, die für die 26 Buchstaben unseres Alphabets stehen, muss man lernen und immer wieder wiederholen, bis sie in Fleisch und Blut übergegangen sind. Dazu gibt es einige Regeln, die speziell für Stenografie gelten. Zum Beispiel werden oft die Endungen von Verben weggelassen – statt „fahren“ schreibt man also nur „fahr“. Auch gibt es in der Regel keine Großschreibung. Zudem gibt es spezielle Regeln etwa zum Schreiben von Vokalen – was dazu führt, dass man manche Wörter aus dem Textzusammenhang herauslesen muss, weil ein geschriebenes Wort oder Kürzel verschiedene Bedeutungen haben kann.
Für wen eignet sich das Stenoschreiben?
Beim Thema Steno denkt man sofort an Sekretärinnen. Doch es gibt noch zahlreiche andere Anwendungsfelder fürs Steno-Schreiben:
- Studenten: Der Professor spricht in der Vorlesung schnell und stellt kein Skript bereit. Schnellschreibtechniken wie die Stenografie helfen Studierenden, den Stoff schnell zu Papier zu bringen.
- Journalisten: Gesprächspartner haben oft nicht viel Zeit. Journalisten sind also gezwungen, sich schnell Notizen zu machen – eine Kurzschrift ist hilfreich.
- Gerichtsschreiber: Gerichtsverhandlungen werden in der Regel per Computer dokumentiert, aber mitunter kann Steno helfen, ein Protokoll zu erstellen.
- Parlamentsprotokollanten: Auch Parlamentssitzungen, etwa jene des Bundestages, müssen sehr genau dokumentiert und protokolliert werden. Schreiber müssen deshalb auch heute noch Steno beherrschen.
Und auch im Alltag kann Steno eine große Hilfe sein, um sich rasch Notizen zu machen.
Wie schnell lässt sich Steno schreiben?
Die Maßeinheit beim Steno lautet Silben pro Minute – so wie es beim Schreibmaschineschreiben einst Anschläge pro Minute waren. Wie viele Silben ein Schreiber dabei schafft, hängt von mehreren Faktoren ab: der gewählten Schriftsystematik, aber natürlich auch der eigenen Schreibgeschwindigkeit.
In der Verkehrsschrift, sowas wie der Basisschrift der Stenografie, sind rund 120 bis 160 Silben pro Minute möglich. Zum Vergleich: In der normalen Schreibschrift, die wir alle in der Schule lernen, sind 30 bis 40 Silben normal.
Doch mit anderen Steno-Schriften geht auch noch mehr. In der Redeschrift, die zum Mitschreiben von Reden, Parlamentsdebatten und Ähnlichem verwendet wird, werden Wörter sehr stark abgekürzt und abstrahiert und bis zu 500 Silben können pro Minute notiert werden. Mit diesem Steno-Schreibsystem kann gesprochene Sprache in Echtzeit aufgezeichnet werden.
Wo findet man Stenokurse?
In der Schule wird Steno heutzutage nicht mehr gelehrt. Sehr wohl aber gibt es noch Stenokurse – entweder an Volkshochschulen oder aber bei Verbänden wie dem Stenografenverein Schleswig, der unter anderem auch Onlinekurse anbietet.
Für alles rund um die Stenografie ist übrigens der Stenografenbund ein guter Ansprechpartner. Dieser organisiert auch Wettbewerbe für jene, die bereits Steno schreiben können und sich mit anderen Steno-Freunden messen wollen.
Welche Steno-Grundregeln und Kürzel sollte man kennen?
Steno ist zwar eine Kurzschrift, aber eben dennoch komplex. Mal eben in wenigen Zeilen einen Stenokurs anzubieten ist schlichtweg nicht möglich – tut uns leid.
Aber: Ein paar Grundregeln und Kürzel möchten wir dennoch nennen, um eine Vorstellung davon zu geben, wie Stenografie funktioniert.
- Statt Buchstaben, wie wir sie aus der normalen Schreibschrift kennen, werden oft Zeichen aus einem Zeichenvorrat geschrieben. Vorstellen muss man sich diese Zeichen als Striche oder Bögen, wobei die Größe dieser Zeichen genauso von Bedeutung ist wie etwa Abstände zwischen einzelnen Zeichen. Für bestimmte Buchstabengruppen – etwa sch, qu oder pf – gibt es besondere Zeichen, die gelernt werden müssen.
- Für besonders häufige Wörter werden Kürzel verwendet, doch vor allem arbeitet man beim Steno-Schreiben mit systematischen Kürzungen. Diese fallen je nach verwendeter Schriftart mehr oder weniger drastisch aus – was soweit führt, dass etwa die Redeschrift als Extremform aus dem Zusammenhang gerissen kaum lesbar ist. Im Zusammenhang hingegen ergeben die Kürzungen sehr wohl Sinn. Mal werden dabei nur Endungen gekürzt, mal sogar ganze Wortteile, wenn zum Beispiel von „Herbst“ nur noch „bst“ übrigbleibt.
- Die Basis für Steno ist die Deutsche Einheitskurzschrift. Im Stenoweb finden Interessierte allerlei nützliche Lehrbücher.
Welcher Stift eignet sich für Steno?
Beim Stenografieren kommt es auf Geschwindigkeit, aber auch auf Sauberkeit und Lesbarkeit an. Bei der Auswahl des Stiftes ist auf diese Kriterien also besonders zu achten.
Ein Steno-Stift sollte möglichst flüssig schreiben, ohne zu kratzen. Füller sind dafür nicht geeignet, selbst wenn sie mit hochwertigen Federn ausgestattet sind. Kugelschreiber mit Qualitätsminen können eine Option sein, doch Tintenroller, bei denen die Tinte ohne großen Druck aufs Papier fließt und die beim Schreiben keinen Widerstand leisten, sind am besten fürs Stenoschreiben geeignet.
Ein Kriterium ist auch die Schreibstärke. Bei Füller-Federn und Minen für Kugelschreiber und Tintenroller gelten jeweils ähnliche Maßeinheiten für die Schriftstärke. Während fürs Schreiben im Alltag mittelbreite Minen (M-Minen) zu empfehlen sind, sollten Steno-Schreiber zu etwas feineren Minen greifen – der Lesbarkeit wegen.
Die hohe Kunst besteht darin, den besten Kompromiss aus einer flüssig schreibenden, nicht kratzenden Mine und der richtigen Stärke zu finden. Diese Entscheidung ist individuell zu treffen, denn jeder Schreiber hat ein anderes Schreibgefühl.
Welche Alternativen zur Stenografie gibt es?
Wer kein Steno lernen, aber dennoch Informationen schnell erfassen, zu Papier bringen oder abspeichern will, kann auf jede Menge Alternativen zurückgreifen. Eine Möglichkeit ist etwa, die gängigen Abkürzungen der normalen Schreibsprache zu optimieren und sich ein eigenes Abkürzungssystem anzueignen. Das ist deutlich weniger aufwendig als ein Stenokurs, aber zumindest für alltägliche Anwendungen meist völlig ausreichend.
Weitere Steno-Alternativen sind:
- Diktiergerät/Diktierfunktion des Handys: Vorträge, Interviews und Reden können bequem aufgenommen und später in Ruhe abgetippt werden. Auch bieten spezialisierte Agenturen Transkriptionen von Tondokumenten an.
- Apps: Aufnahme-Apps wie Speechnotes machen Sprachdiktate supereffizient, indem sie gesprochene Sprache in Text umwandeln.
- Diktiersoftware: Während Sprach-Apps durchaus kostenlos zu haben sind, sieht die Sache bei Diktiersoftware etwas anders aus. Diese ist komplexer und muss deshalb meist auch teuer bezahlt werden. Doch wie Tests vom IT-Fachmagazin Heise zeigen, stellt Diktiersoftware eine echte Alternative dar.
Fazit
Die Stenografie bzw. Kurzschrift ist eine sehr alte Art, schnell Informationen zu Papier zu bringen – und auch in der heutigen digitalisierten Welt noch nicht von gestern. Der Aufwand, die spezielle Zeichensprache und die Stenokürzel zu lernen, kann sich für alle lohnen, die oft sehr viele Informationen in kurzer Zeit notieren müssen. Leistungsfähige Diktier- und Spracherkennungssoftware stellt eine Alternative dar. Aber echte Puristen greifen halt doch noch am liebsten zu Stift und Papier, oder?